Wir alle kennen das: Die Physiotherapeutin gibt uns Übungen mit, die Beschwerden lindern oder die Beweglichkeit verbessern. Anfangs sind wir motiviert, aber nach ein paar Tagen gibt der innere Schweinehund seinen Senf dazu. Warum ist das so? Ein Blick in die kognitive Psychologie, das Konditionierungsmodell und die Lernforschung gibt Antworten.
1. Die Macht der Gewohnheit
Unser Gehirn liebt Routinen, weil sie Energie sparen. Neue Verhaltensweisen – wie tägliche Übungen – müssen erst zur Gewohnheit werden. Eine Studie von Lally et al. (2010) zeigt, dass es im Durchschnitt 66 Tage dauert, bis sich neue Gewohnheiten festigen. Am Anfang ist es daher besonders schwer, eine neue Routine zu etablieren, weil die alten Gewohnheiten dominieren.
Lösung:
Verknüpfen Sie Ihre Übungen mit bestehenden Gewohnheiten, z. B. nach dem Zähneputzen oder vor dem Schlafengehen. Solche „Anker“ helfen dabei, die neuen Verhaltensweisen in den Alltag zu integrieren.
2. Belohnung und Konditionierung
Laut der Theorie der operanten Konditionierung von B.F. Skinner (1938) wiederholen wir Verhaltensweisen, die belohnt werden. Bei physiotherapeutischen Übungen tritt die „Belohnung“ – weniger Schmerzen oder mehr Beweglichkeit – jedoch oft verzögert ein. Man bedenke, dass der sichtbare Muskelwachstum im Schnitt 4-6 Wochen braucht. Die Kraftsteigerung lässt allerdings nicht solange auf sich warten, in den ersten Wochen kommt es schon zu messbaren Ergebnissen lt. Mitchell, C.J., et al. 2012 und AAgaard, P. Et al. 2002. Unser Gehirn bevorzugt jedoch unmittelbare Belohnungen, was erklärt, warum das Sofa oft verlockender ist als die Gymnastikmatte.
Eine Untersuchung von Schultz (1998) zeigt, dass das dopaminerge Belohnungssystem auf kurzfristige Anreize stärker reagiert als auf verzögerte Erfolge. Warum Instagram so gut funktioniert, man wird schnell belohnt!
Lösung:
Schaffen Sie kurzfristige Belohnungen, z. B. eine Tasse Tee oder eine kleine Auszeit nach der Übungseinheit. Einfach das was sie gerne tun. So tricksen Sie das Gehirn aus und verstärken das Verhalten. Sie finden da schon was.
3. Lernen durch Wiederholung
Übungen, die anfangs schwierig erscheinen, erfordern Wiederholung, um automatisiert zu werden. Laut der Lernpsychologie ist Wiederholung der Schlüssel zur Festigung neuer Fähigkeiten. Studien, wie die von Ericsson et al. (1993) zur „deliberate practice“, zeigen, dass bewusstes und wiederholtes Üben entscheidend für den Lernerfolg ist.
Lösung:
Setzen Sie sich realistische Ziele. Beginnen Sie mit kurzen Einheiten oder wenigen Übungen und steigern Sie die Dauer langsam. Die kleinen Fortschritte motivieren und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dranbleiben.
4. Der innere Dialog
Unsere Gedanken spielen eine große Rolle bei der Umsetzung neuer Verhaltensweisen. Die Theorie der Selbstwirksamkeit von Bandura (1977) erklärt, dass unsere Überzeugung, etwas schaffen zu können, unser Handeln stark beeinflusst. Negative Gedanken wie „Das bringt nichts“ oder „Ich schaffe das nicht“ können ein entscheidendes Hindernis sein.
Lösung:
Verändern Sie Ihre Denkmuster. Erinnern Sie sich daran, warum Sie die Übungen machen, und visualisieren Sie den Erfolg. Sagen Sie sich aktiv: „Ich tue das für meine Gesundheit.“
Fazit: Langfristige Perspektive einnehmen.
Wie heisst es so schön, Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.
Die größte Herausforderung bei physiotherapeutischen Übungen ist oft, sich auf das „Warum“ zu besinnen. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen: Mit kleinen Schritten, kurzfristigen Belohnungen und einer positiven Einstellung wird es leichter, die Routine beizubehalten.
Ihr Team von der Physiotherapie in Frauenfeld
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Quellen:
1. Lally, P., van Jaarsveld, C. H. M., Potts, H. W. W., & Wardle, J. (2010). How are habits formed: Modelling habit formation in the real world. European Journal of Social Psychology, 40(6), 998–1009.
2. Skinner, B. F. (1938). The Behavior of Organisms: An Experimental Analysis.
3.
Resistance exercise load does not determine training-mediated hypertrophic gains in young men
Cameron J Mitchell 1, Tyler A Churchward-Venne, Daniel W D West, Nicholas A Burd, Leigh Breen, Steven K Baker, Stuart M Phillips
4.
Increased rate of force development and neural drive of human skeletal muscle following resistance training
Per Aagaard,Erik B. Simonsen,Jesper L. Andersen,Peter Magnusson, andPoul Dyhre-Poulsen
5. Schultz, W. (1998). Predictive reward signal of dopamine neurons. Journal of Neurophysiology, 80(1), 1–27.
6. Ericsson, K. A., Krampe, R. T., & Tesch-Römer, C. (1993). The role of deliberate practice in the acquisition of expert performance. Psychological Review, 100(3), 363–406.
7. Bandura, A. (1977). Self-Efficacy: Toward a Unifying Theory of Behavioral Change. Psychological Review, 84(2), 191–215.