Nackenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerdebildern in der Physiotherapie. Nur die Schmerzen im unteren Rücken treten noch häufiger auf. In der Fachsprache spricht man unter anderem von HWS Syndrom, Zervikalgie oder Schulternackenschmerzen.
Damit Sie zielgerichtet behandelt werden können, erfassen wir in der Physiotherapie Ihre Beschwerden präzise und ordnen sie klar zu. Die folgende Übersicht zeigt, welche Formen von Nackenschmerzen existieren, wie diese physiotherapeutisch behandelt werden und was Sie selbst zu Hause tun können.
Welche Formen von Nackenschmerzen gibt es?
In der Physiotherapie und Medizin werden Nackenschmerzen nach Blanpied et al. (2017) in vier Hauptgruppen eingeteilt.
1. Nackenschmerzen mit Bewegungseinschränkungen
Diese Form zeigt sich häufig durch reduzierte Beweglichkeit, Steifheit sowie Schmerzen beim Drehen oder Neigen des Kopfes.
2. Nackenschmerzen mit fehlender oder unzureichender Bewegungskontrolle
Hier zeigen sich Auffälligkeiten in der Koordination sowie eine unsichere, instabile Kopf und Nackenbewegung.
3. Nackenschmerzen mit Kopfschmerzen
Hierbei handelt es sich oft um sogenannte zervikogene Kopfschmerzen, die ihren Ursprung in der Halswirbelsäule haben.
4. Nackenschmerzen mit ausstrahlenden Schmerzen
Beispielsweise ziehend in Schulter, Arm oder bis in die Hand. Ursache können gereizte Nervenstrukturen sein.
Diese vier Formen lassen sich in der Regel sehr gut physiotherapeutisch behandeln. Weitere Ursachen wie Verletzungen oder strukturelle Veränderungen werden bei Bedarf ärztlich abgeklärt.
Wie läuft die physiotherapeutische Abklärung ab?
Das Ziel ist es, Sie und Ihre Beschwerden ganzheitlich zu verstehen. Dazu gehören unter anderem folgende Schritte.
- Aufnahme der Krankengeschichte
- Untersuchung von Beweglichkeit, Kraft und Bewegungskontrolle
- Einordnung der Schmerzmechanismen
- Erfassung möglicher beitragender Faktoren wie Schlaf, Ernährung, berufliche Belastungen, Stress oder sportliche Aktivitäten
Diese Faktoren beeinflussen Schmerzen oft deutlich und werden daher gemeinsam besprochen, um einen stimmigen und realistischen Therapieplan zu entwickeln. Dies wird unter anderem durch die Ergebnisse von Ortego et al. (2016) gestützt.
Wie behandelt die Physiotherapie Nackenschmerzen?
Für alle Formen von Nackenschmerzen gilt, dass gezielte aktive Übungen zentral sind.
Bewegungstherapie nach aktueller Studienlage
- Verbesserung des Bewegungsausmasses
- Wiederherstellung der Bewegungskontrolle
- Training der tiefen Nackenmuskulatur
- Aufbau der Schulter und Nackenmuskulatur
Diese Form der Therapie reduziert Beschwerden und beugt zukünftigen Episoden wirksam vor.
Manuelle Therapie als Ergänzung
Laut Hidalgo et al. (2017) können zusätzlich folgende Massnahmen eingesetzt werden.
- Gelenkmobilisationen
- Weichteiltechniken
- Triggerpunktbehandlungen
- Manipulationen
Die Kombination aus aktiven Übungen und passiven manuellen Techniken zeigt dabei den grössten Effekt.
Beitragende Faktoren und warum die ganzheitliche Betrachtung wichtig ist
Schmerzen entstehen selten isoliert. Deshalb berücksichtigen wir weitere Aspekte wie.
- Schlafqualität
- Stress und emotionale Belastung
- Ernährung
- Arbeitsplatzergonomie
- sportliche und alltägliche Belastungen
Diese Faktoren beeinflussen die Schmerzintensität und den Heilungsverlauf und spielen eine wichtige Rolle, um Rückfälle zu vermeiden.
Was Sie bereits zu Hause tun können
Vor allem wenn Sie viel sitzen oder am Computer arbeiten, helfen regelmässige kurze Bewegungspausen. Beispiele dafür.
- Schultern kreisen
- Schultern anheben und sanft fallen lassen
- Kopf langsam kreisen
- Kopf abwechselnd zur rechten und zur linken Schulter neigen
Achten Sie darauf, dass die Bewegungen den Schmerz nicht verstärken und sich angenehm anfühlen.
Wann ist Physiotherapie sinnvoll?
Wenn Ihre Beschwerden unter anderem folgende Merkmale zeigen, lohnt sich eine physiotherapeutische Abklärung.
- länger bestehende oder wiederkehrende Schmerzen
- Schmerzen, die in den Arm ausstrahlen
- Kopfschmerzen im Zusammenhang mit dem Nacken
- eingeschränkte Beweglichkeit
- zunehmende muskuläre Verspannung
Wir unterstützen Sie gerne in der Praxis und entwickeln mit Ihnen gemeinsam einen Plan, der Sie Schritt für Schritt zurück in einen schmerzfreien und belastbaren Alltag führt.
Quellen
Blanpied, P. R., Gross, A. R., Elliott, J. M., Devaney, L. L., Clewley, D., Walton, D. M., Sparks, C., & Robertson, E. K. (2017). Neck Pain: Revision 2017: Clinical Practice Guidelines Linked to the International Classification of Functioning, Disability and Health From the Orthopaedic Section of the American Physical Therapy Association. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, 47(7), A1–A83. https://doi.org/10.2519/jospt.2017.0302
Hidalgo, B., Hall, T., Bossert, J., Dugeny, A., Cagnie, B., & Pitance, L. (2017). The efficacy of manual therapy and exercise for treating non-specific neck pain: A systematic review. Journal of Back and Musculoskeletal Rehabilitation, 30(6), 1149–1169. https://doi.org/10.3233/BMR-169615
Ortego, G., Villafañe, J. H., Doménech-García, V., Berjano, P., Bertozzi, L., & Herrero, P. (2016). Is there a relationship between psychological stress or anxiety and chronic nonspecific neck-arm pain in adults? A systematic review and meta-analysis. Journal of Psychosomatic Research, 90, 70–81. https://doi.org/10.1016/j.jpsychores.2016.09.006